Samstag, 13. August 2011

Von Popayán nach Cali (12.8.)

Heute morgen weckt mich der tosende Verkehrslärm trotz meiner Ohrenstöpsel. Also stehe ich um kurz vor halb sieben auf, mache mich fertig und sitze schon um 7:40h im Kleinbus nach Cali, doch wir fahren erst los als auch der letzte Platz belegt ist. Ich freunde mich mit meinem Sitznachbarn an, einem knapp dreijährigen Jungen, der mit mir seine Trauben teilt - sehr zur Belustigung seiner Mutter. Ich revanchiere mich und schenke beiden Kekse. Die Fahrt führt die meiste Zeit durch schöne Berglandschaften, wie immer rauf und runter, und wie meistens auf erstklassigen Straßen! Gewöhnungsbedürftig sind neben der eher offensiven Fahrweise vor allem die immer wieder auftauchenden Kontrollpunkte mit schwerstbewaffneten Soldaten. Aber der Slogan des Militärs "Wir passen auf dich auf und sorgen für Sicherheit" ist nicht einfach nur Propaganda und so genieße ich die Landschaften und die reibungslose Fahrt. Die letzten 30 der 125 Kilometer geht die Fahrt durch eine heiße Ebene und auch Cali präsentiert sich tropisch schwülheiß. 

Typische "Chiva" - normalerweise ein Transportmittel für Menschen...
Am Busbahnhof der 2,5-Millionen-Metropole angekommen kaufe ich erst mal mein Ticket für die morgige Weiterfahrt ins sogenannte Kaffeedreieck zwischen Cali und Medellín. Dann geht´s ins Taxi, das mich zu meiner reservierten und bestätigten Pension bringen soll. Zuerst kennt sich der Taxifahrer nicht aus und fährt hin und her, frägt und immer wieder stehen wir im Stau... ich koche, nicht nur wegen der Temperaturen. Dann kommen wir endlich an und - kein Hostal! Laut Nachbarn gibt´s das schon einige Zeit nicht mehr... Na klasse! Und jetzt? Auf die Schnelle suche ich am Straßenrand (noch immer im Taxi) nach einer Alternative und werde fündig. Ein sehr zentrales Hotel bietet ein recht günstiges Zimmer an, also nix wie hin. Ich beziehe mein Zimmer im 7. Stock mit schönem Blick auf die Kathedrale.

Blick aus meinem Zimmer im Hotel Astoria Real - siehe auch nächstes Foto
 Nach kurzer Erholung und einem Telefonat mit daheim ziehe ich los und erkunde das Zentrum Calis. Die Stadt leidet zynischerweise darunter, dass das mächtige Cali-Drogenkartell vor einigen Jahren zerschlagen wurde. Nicht, dass es nicht viele Splittergruppen gäbe, die das Geschäft weiter betreiben, aber es scheint nicht das Gleiche zu sein. Cali ist ein ziemliches Chaos - enge Straßen voller Autos, architektonisch stehen Schuhkarton-Hochhäuser alten kolonialen Gebäuden gegenüber. Die Bürgersteige sind niemals breit genug, um die vielen Passanten aufzunehmen, aber auf die Straße auszuweichen ist nur bedingt empfehlenswert. Die Bevölkerung scheint vor allem aus Schwarz und Weiß zu bestehen und selbst im Vergleich mit Bogotá gibt es viele Obdachlose und Bettler. Trotzdem ist die Stadt nicht abstoßend, die Freundlichkeit der Caleños ist beeindruckend und wie bisher überall sind die Polizisten unglaublich redselig und hilfsbereit. Sobald ich irgendwo sitze, kommt ein Polizist, fragt wo ich hin will, ob alles in Ordnung ist, gibt mir Tipps und dann folgt noch ein bißchen Smalltalk. Man fühlt sich hier wirklich sehr willkommen!
Plaza Caycedo - rechts ist mein Hotel



Dieses Karussell wird von Hand betrieben...





Die kleine Kirche La Ermita - Vorbild war das Ulmer Münster
In Cali gibt es noch professionelle Briefschreiber mit ihren klappernden Schreibmaschinen

Hier lasse ich mir gerade eiskaltes Zuckerrohr-Limonen-Wasser machen - köstlich und erfrischend bei 37°C

 Auch Cali hat ein schönes Goldmuseum, wenn auch viel kleiner als das in Bogotá. Nicht zuletzt wegen der angenehmen Klimaanlage genieße ich den Besuch sehr.



Ein Stadtteil unweit des modernen Stadtzentrums, San Antonio, zeigt wie es früher einmal in Cali ausgesehen haben muss - enge, von bunten Gebäuden, z.T. im Kolonialstil, gesäumte Straßen führen einen steilen Hügel hinauf zur Kirche von San Antonio, die von einem schönen kleinen Park umgeben ist. Von dort oben hat man einen schönen Blick auf die ausufernde Stadt. Überall gibt es kleine originelle Cafés und es herrscht vergleichsweise Ruhe.












In der Abenddämmerung genieße ich die abendliche Wärme auf der zentralen Plaza de Caycedo, an der auch mein Hotel liegt und kaufe im ersten Souvenirladen, den ich bisher in Kolumbien gesehen habe (von katholischen Devotionalienläden an Wallfahrtskirchen einmal abgesehen) ein bißchen ein. Dann geht´s zum Bloggen ins Zimmer und dann werden wir sehen, was der Abend noch so bringt. Morgen muss ich ja schließlich schon wieder gegen 6 aufstehen... Schicksal eines Kolumbienreisenden ;-)